Stellungnahmen der LAG Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Berlin
Sehr geehrte Mitglieder des AGHs, sehr geehrte jugend- und familienpolitische Sprecher:innen der Fraktionen, sehr geehrte
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie,
als LAG OKJA sind auch wir irritiert über das Vorgehen des Senats zur Beteiligung junger Menschen im Rahmen einer Neubewertung des Tempelhofer Felds aufgrund der „angespannten Wohnungsnot“. Wir unterstützen im vollen Umfang das Positionspapier der LAG Beteiligung für Kinder und Jugendliche Berlin und veröffentlichen es gerne mit Unterstützer:innen-Unterschriften auf unserer Homepage.
Ergänzend zu den bereits genannten Punkten fragen wir uns wie der Senat sicherstellt, dass die Kinder und Jugendlichen den aktuellen rechtlichen Rahmen vor Augen hatten? Soweit wir informiert sind hat das nexus Institut zu Beginn der Workshops nicht über die aktuellen baulichen Möglichkeiten auf dem Feld informiert. Grundlage eines jeden gelungenen Beteiligungsformats ist die Klärung seiner Grenzen. Das Tempelhofer Feld kann nach aktueller Gesetzeslage nicht mit
dauerhaft-bestehenden (Wohn-)Häusern bebaut werden. Die offene Fragestellung aus den Workshops: „Was sollte auf dem Feld gebaut werden?“ suggeriert jedoch, dass dies möglich sei. Kann es sein, dass der Senat versucht Kinder und Jugendliche dahingehend zu instrumentalisieren, dass ihre Ideen zur Bebauung des Felds dafür
genutzt werden, eine zukünftige Gesetzesänderung in Gang zu bringen?
Die Errichtung von Spielplätzen, Skateplätzen, mehr Beschattung, Bäumen, Mülleimern und Bänken sind bereits jetzt durch ein
Beteiligungsverfahren zur Weiterentwicklung des Feldes mit den gewählten Feldkoordinator:innen und einem regelmäßigen Feldforum möglich. Wir hoffen, dass der Senat nicht mit den „unschuldigen“ Bebauungsvorschlägen der Kinder und Jugendlichen an die Öffentlichkeit geht und so tut, als ob er in ihrem Interesse das Tempelhofer Feld-Gesetz ändern würde.
Im Gegenteil hoffen wir, dass der Senat sich an sein Versprechen hält, sich an das Tempelhofer Feld Gesetz zu halten. Denn anknüpfend an die Schilderungen der LAG Beteiligung zur Bedeutung des Tempelhofer Felds (ohne Bebauung und motorisierten Verkehr) für Kinder und Jugendliche und ihrer Familien, möchten wir auf die Generationengerechtigkeit des Tempelhofer Feld Gesetzes hinweisen.
Das geltende Tempelhofer Feld-Gesetz, dass eine Bebauung ausschließt ist maximal generationenfreundlich, denn es ermöglicht, dass jede Generation andere Nutzungen auf dem Feld geltend machen kann. Bauen würde dies verunmöglichen.
Viele unserer Besucher:innen fühlen sich bereits jetzt nicht gehört und haben das Gefühl, dass sich ihr zivilgesellschaftlicher Einsatz oder der Gang zur Urne nicht lohnt. In unseren Einrichtungen ermutigen wir Kinder und Jugendliche auf vielfältige Weise, sich demokratisch einzubringen. Wir versuchen, ihnen zu verdeutlichen, dass ihre Stimme Gewicht hat und gehört wird.
Dass es Grund zur Annahme gibt, dass der Senat versucht den Volksentscheid zur Nicht-Bebauung aufzubrechen, besorgt uns. Es wäre ein großer Rückschlag für unsere Bemühungen. Wie sollen wir dieses Vorgehen unseren Besucher:innen erklären?
Abschließend möchten wir an die 1999 von der Senatsverwaltung verabschiedeten Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt erinnern:
„Ein wesentliches Ziel dieser Leitlinien ist es, dazu anzuregen, Kinder und Jugendliche frühzeitig und in geeigneter Weise aktiv in die Gestaltung ihrer jeweiligen Lebenszusammenhänge mit einzubeziehen. Kinder und Jugendliche müssen mittels geeigneter Formen der Mitwirkung lernen, dass es sinnvoll ist, sich an gesellschaftlichen Prozessen aktiv zu beteiligen. Dieses sind wesentliche Voraussetzungen, damit sich junge Menschen zu unabhängigen, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten entwickeln können. In Elternhaus, Einrichtungen der Jugendhilfe, Schule, Ausbildung, Erwerbsarbeit und städtischem Umfeld müssen die individuellen Möglichkeiten der jungen Menschen und deren Wille zur Mitwirkung nach Kräften gefördert wer- den. Bereits früh einsetzende Formen der Mitwirkung stärken das Interesse an und die Kenntnis über demokratische Auseinandersetzungsverfahren sowie jetziger und künftiger Rechte, Pflichten und Aufgaben. Nur so können junge Menschen darauf vorbereitet werden, diese Gesellschaft in der Zukunft mit zu tragen und zu gestalten“. (Leitlinien für eine kinder- und jugendgerechte Stadt 1999)
Wir fordern, dass der Senat sich an die Leitlinien kinder- und jugendgerechte Stadt, die Leitlinien für Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Projekten und Prozessen der räumlichen Stadtentwicklung und die Berliner Qualitätsstandards für Kinder- und Jugendbeteiligung hält.
Mit freundlichen Grüßen
LAG Offene Kinder- und Jugendarbeit